(Auszug)
Die Grußadresse des 1. Bevollmächtigten der Industriegewerkschaft IG Metall Hanau-Fulda in Hessen, Robert Weißenbrunner, verfasst im eigenen Namen, wurde während der Europäischen Konferenz in Auszügen verlesen.
„Wir sind der Überzeugung, dass eine erfolgreiche und wirksame Friedensbewegung die Gewerkschaften braucht und sie getragen werden muss von der Arbeiterbewegung“
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
(…) Die Zusammenarbeit der Arbeiter- und der Friedensbewegung hat in meiner Stadt Hanau und der Region eine jahrzehntelange Tradition.
Und deshalb war es naheliegend, dass in diesen wilden Zeiten ein gemeinsames Vorgehen von Gewerkschaft und Friedensinitiative in gewerkschaftlichen, sozialen und friedenspolitischen Fragen verabredet wurde.
Als erste gemeinsame Aktion stand im Rahmen der Metalltarifrunde ein geplanter Warnstreik an, der aber politisch über die reine Tarifforderung hinausgehen sollte.
Ein breites lokales Bündnis, bestehend aus verschiedenen lokalen Organisationen, der Gewerkschaften, der Friedensbewegung, Migrantenvereinen, Jugendverbänden und sozialen Bewegungen hatte dann für den 17.11. 2022 zu einer öffentlichen Kundgebung und die IG Metall hat die Beschäftigten zeitgleich zum Warnstreik aufgerufen.
Unser gemeinsamer Slogan lautete: „Statt Durchhalteparolen und Energiespartipps braucht es Frieden und mehr soziale Gerechtigkeit.“
Neben 8% Entgelterhöhung (für die IG Metall) haben wir uns auf weitere gesellschaftliche Forderungen im Bündnis verständigt. Uns ging es (u.a.) konkret um
- mehr diplomatische Bemühungen zur Beendigung des Krieges,
- einem Stopp der Aufrüstung der Bundeswehr,
- Umwidmung des 100-Mrd.-Aufrüstungspakets in ein Investitionsprogramm für Jugend, Soziales, Umwelt, Gesundheit und Bildung, (…)
- (…) aber auch eine Ausweitung der Tarifbindung.
Über 1.000 Kolleginnen und Kollegen folgten diesem Aufruf (am 17.11.2022). Es sollte aber nicht bei einer einzelnen Aktion bleiben: Wir haben gemeinsam weitere Veranstaltungen organisiert, um auch einen Raum für Diskussion zu schaffen.
Wir haben in Betriebsversammlungen unsere politischen Positionen zur Diskussion gestellt und die Ostermärsche genutzt und dabei auch den einen oder anderen Widerstand aus unseren Strukturen aushalten und auch Konflikte austragen müssen.
Ein weiterer Höhepunkt war dann die Tarifrunde und ein großer Warnstreik im Öffentlichen Dienst, der nach demselben Prinzip wie im Herbst organisiert wurde. Über 2.000 Kolleginnen und Kollegen folgten dem Aufruf (am 22.03.2023) ebenfalls auf dem Hanauer Freiheitsplatz. (…)
Die IG Metall ist seit jeher Teil der Friedensbewegung und gewerkschaftliches Engagement ist immer auch ein Einsatz für den Frieden, für Freiheit, Solidarität, Respekt und Toleranz. (…)
Seit über einem Jahr tobt nun dieser völkerrechtswidrige Angriffskrieg in der Ukraine und er ist eine Katastrophe, insbesondere für die Menschen in der Ukraine und eine schreckliche Bedrohung für uns alle.
Er hat auch massive Auswirkungen für die abhängig Beschäftigten und wirtschaftlich Schwächeren in Deutschland und weltweit. Lebensmittel und zahlreiche Konsumgüter, Mieten, und vor allem die Energie werden teurer.
Der Krieg droht, sich immer weiter zuzuspitzen sich auch räumlich über die Grenzen der Ukraine hinaus zu bewegen. (…)
Wir sind der Überzeugung, dass eine erfolgreiche und wirksame Friedensbewegung die Gewerkschaften braucht und sie getragen werden muss von der Arbeiterbewegung. (…) Unsere Hanauer Konferenz [friedenspolitische Gewerkschaftskonferenz am 23./24.06.2023 in Hanau, d.Red.] sollte einen Beitrag dazu leisten, dass sich die Gewerkschaften wieder als starke gesellschaftliche Stimme des Friedens und der Diplomatie klarer und eindeutiger positionieren als dies seit Kriegsbeginn in der Ukraine der Fall ist.“
Hinweis
In der Erklärung „Wie weiter nach der friedenspolitischen Gewerkschaftskonferenz?“ wurden als wesentliche Aufgaben formuliert:
„Wir wollen uns dafür einsetzen, dass die Gewerkschaften deutlicher als bisher friedenspolitische Forderungen stellen nach mehr politischen Initiativen, einen sofortigen Waffenstillstand und Friedensverhandlungen unter Einbeziehung der relevanten Akteure und dem Ruf nach Waffenlieferungen weiterhin eine Absage erteilen. Immer mehr Waffen werden nicht zu mehr Frieden führen! (…)
Wir stellen uns darüber hinaus weiterhin gegen jegliche Erhöhung der Rüstungsausgaben sowie der weiteren Aufrüstung und lehnen die Steigerung des Rüstungshaushalts auf 2 % des Inlandsproduktes ab!
Darüber hinaus ist die Verbindung zwischen Krieg und Krisen gleichermaßen zu benennen und… enger mit der Frage der Verteilungs-, Sozial- und Tarifpolitik zu denken. (…)
Weiterem Sozialabbau, insbesondere zugunsten der Steigerung der Rüstungsausgaben erteilen wir eine klare Absage und setzen uns aktiv für eine höhere Besteuerung von Kapitaleinkünften, großen Erbschaften sowie von Krisen- und Kriegsgewinnen ein! (…)“