Grußadresse von Kolleg*innen des Gesundheitswesens in Berlin

„Wir die Unterzeichner*innen, u.a. Beschäftigte in Krankenhäusern, möchten den Einlader*innen für die Europäische Konferenz „Gegen den Krieg – gegen den sozialen Krieg“ unsere volle Unterstützung ausdrücken.

Mit großer Sorge verfolgen wir die Eskalation des Krieges in der Ukraine, die großes Leid über die Völker bringt. Mehr als 100.000 tote und verwundete Soldaten auf beiden Seiten werden gezählt, Zivilisten geben ihr Leben oder sind Opfer von Kriegsverletzungen.

Die Regierung Scholz beschließt immer größere Milliardensummen für Kriegsaufrüstung und erzwingt zu ihrer Finanzierung schmerzliche Ausgabenkürzungen in den sozialen Haushalten – mit Ausnahme im Kriegshaushalt.

„Wer mehr für Verteidigung ausgibt, dem bleibt weniger für Gesundheit und Bildung“, diese Devise hat sich Kanzler Scholz zu „100% zu eigen gemacht“, wie er selbst stolz verkündet hat.

Als Beschäftigte im Gesundheitswesen sind wir täglich damit konfrontiert, dass die Ampel-Regierung unter Scholz systematisch das öffentliche Gesundheitswesen zerstört. Sie schaffen die Bedingungen, dass die Beschäftigten das sinkende Schiff verlassen, obgleich überall dringend qualifizierte Fachkräfte fehlen.

In einem der reichsten Industrieländer fehlt die Medizin in dramatischem Ausmaß, besonders für Kinder.

Das geltende Finanzierungssystem treibt die deutschen Kliniken in die Insolvenz. Darüber hinaus werden Investitionskosten für Neubauten und Geräte, zu denen die Länderregierungen gesetzlich verpflichtet sind, nur anteilig gezahlt. Die Krankenkassen errechneten für 2021 einen Investitionsbedarf von rund 6,7 Milliarden Euro für 2021. Tatsächlich wurden nur rund 3,3 Milliarden gezahlt.

Das kompensieren die Klinikleitungen seit Jahren mit Lohnraub durch Ausgliederung von Beschäftigten wie aus der Reinigung oder Technik in prekäre Billigjobs. In mehreren Städten treten die Kolleg*innen immer wieder gemeinsam in wochenlange Streiks gegen den Pflegenotstand auf den Stationen. Sie fordern den TVöD für alle und mehr Personal durch festgelegte Personalschlüssel. Doch erkämpfte Tarifverträge werden von den Klinikleitungen unterlaufen und ihre Durchsetzung muss in langwierigen Konflikten erzwungen werden. Die Überlastung und der Reallohnverlust sind nicht mehr zu verkraften, die Leute laufen in Scharen weg aus dem Gesundheitsbereich.  

Der Gesundheitsminister will noch dieses Jahr eine radikale Gesundheits„reform“ im Parlament durchpeitschen. Von 1.719 Kliniken will er 689 schließen und ambulantisieren, das ist fast jede zweite Klinik! Es trifft insbesondere kommunale Krankenhäuser. Und es droht eine riesige Privatisierungswelle. Die Notfallversorgung ist nicht mehr gesichert. Apotheken protestieren gegen die Sparpolitik der Regierung. 2022 mussten 393 Apotheken schließen.  

Die Aufrüstung, die die Bundesregierung mit horrenden Summen forciert, geht u.a. zu Lasten der Gesundheitsversorgung, bezahlen muss es die Bevölkerung. Das können wir nicht akzeptieren!

Wir wissen, dass diese Probleme nicht nur die Gesundheitsversorgung in Deutschland betreffen, sondern dass auch in anderen europäischen Ländern die Krankenhäuser und ihre Beschäftigten von einer harten Spar- und Privatisierungspolitik getroffen werden. Von dem Austausch in einer europäischen Konferenz mit Kolleg*innen aus anderen Ländern erhoffen wir, dass wir uns gegenseitig helfen können, um unseren Widerstand gegen die Zerstörung des öffentlichen Gesundheitswesens durch die Regierungen in unseren Ländern besser zu organisieren.“