Beitrag von François Livartovsky, Gewerkschafter der CGT, Frankreich

Zunächst möchte ich betonen, dass die französische Gewerkschaftsbewegung seit Beginn des Krieges im Februar 2022 mit der Aufforderung unter Druck gesetzt wurde, sich der einseitigen Position für den „ukrainischen Widerstand“ unterzuordnen, ohne die geringste Frage nach dem Zustand der demokratischen und gewerkschaftlichen Rechte in der Ukraine, ohne die Frage nach den Russen, die unter der Politik Putins leiden. Der Druck, uns zu zwingen, dem Kurs der Unterstützung der Nato zu folgen, das heißt die Nato und ihre Mitglieder in das Lager der angeblichen Widerständler einzuordnen, also die Position Macrons und seiner Regierung zu begleiten, ist enorm.

Aber ich kann Euch versichern: trotz dem Druck des Staates, verstärkt durch alle führenden Medien – selbst bis in unsere Organisationen hinein – für eine Linie, die man als „atlantisch“ qualifizieren kann und die ein Lager gegen das andere ausspielen will, hat es innerhalb der Arbeiterbewegung in Frankreich sehr viele klare Stellungnahmen gegen den Krieg gegeben, und diese reflektieren, wie wir meinen, das Gefühl der großen Mehrheit. Ich habe den Aufruf „Stopp dem Krieg“ unterschrieben, genauso wie Tausende Kolleg*innen in Frankreich, besonders aus der Gewerkschaftsbewegung.

Die CGT, deren Mitglied ich bin, schrieb letzten Monat in einem Aufruf ihres Vorstands – nachdem sie die 413 Milliarden Euro für das Gesetz zur Militärplanung zugunsten der Kriegswirtschaft scharf verurteilt hatte -, dass „die Bekämpfung der Kriegskultur in einem Land wie Frankreich, eines der größten Waffenlieferanten, ein Stützpunkt für die ganze Welt“ sei. Mehrere Gruppierungen in den Départements und Föderationen, darunter auch meine, haben sich für eine sofortige Feuereinstellung ausgesprochen. Ähnliche Resolutionen wurden bei den Gewerkschaften der Force ouvrière angenommen, und wir können uns darüber nur freuen. Die Gewerkschaft der GCT im Gesundheitswesen hat die Frage gestellt: 413 Milliarden, wieviel Tausende Beschäftigte im sozialen und Gesundheitsdient könnte man damit finanzieren, wieviel Tausende Betten und Plätze in den Krankenhäusern? Bei seinem Auftritt in Marseille kündigte Macron vor zwei Wochen den Neubau eines Mega-Militärkrankenhauses an, das in der Lage sei, die Verletzten eines zukünftigen sehr gewaltigen Krieges zu versorgen, während er gleichzeitig die Zerstörung des öffentlichen Gesundheitssystems im Profitinteresse privater Konzerne vorantreibt, die sich an dem sehr lukrativen Markt der Gesundheitsversorgung bereichern – so wie andere am sehr lukrativen Waffenmarkt. Man kündigt uns also bereits einen gewaltigen Krieg. Es gibt offenbar eine Verbindung zwischen der Kriegswirtschaft und der Zerstörung, dem Abbau des öffentlichen Dienstes und der Gewerkschaftsrechte. Ihre Kriegswirtschaft bedeutet zusätzliche Belastungen für alle öffentlichen Haushalte, sie führt zu einem brutalen sozialen Krieg gegen die ganze Arbeiterschaft. Die LPM (das oben genannte Gesetz) von dem wir gesprochen haben, geht sogar so weit, dass es die Möglichkeit von massiven Requirierungen durch eine simple Entscheidung des Präsidenten erlaubt. In ihrem konföderalen Forderungskatalog bekräftigt die CGT, dass sie den Frieden unterstützt, dass sie „per definitionem eine wie auch immer geartete Kriegslogik ablehnt“ und sich für „die Entwaffnung und die Auflösung aller Militärbündnisse, vor allem der Nato“ ausspricht „und als erstem Schritt dahin für den Austritt Frankreichs aus diesem bewaffneten Arm des westlichen Kapitalismus“. Dieser Einschätzung ist nichts hinzuzufügen und genau darin liegt die Verantwortung und die Unabhängigkeit der Arbeiterbewegung. Der Rahmen eines von den Veranstaltern dieser Konferenz vorgeschlagenen Verbindungskomitees wird uns erlauben, noch viel mehr Menschen zu überzeugen und voranzuschreiten.