Kundgebung der Friedenskoordination Berlin am 24. Februar 2024: „Frieden für die Ukraine und für Russland“ – Bericht

Circa 400 Menschen versammelten sich am zweiten Jahrestag des Einmarsches russischer Truppen in die Ukraine unmittelbar vor dem Bundeskanzleramt in Berlin. Der Slogan „Kriegstüchtig – Nie wieder!“ prägte die Kundgebung (der für die Rüstung zuständige SPD-Minister Pistorius hatte vor einigen Wochen erklärt, Deutschland müsse „kriegstüchtig“ werden). Der Slogan wird auch das Motto des diesjährigen traditionellen Ostermarsches der Friedenbewegung in Berlin am 30. März sein.

Keine Waffenlieferungen, keine Taurus-Raketen in die Ukraine

Für die Friedenskoordination Berlin eröffnete Jutta Kausch-Henken die Kundgebung und moderierte die Versammlung. Sie warnte, dass mit einem Nachgeben vor der Forderung nach der Lieferung von Taurus-Raketen an die Ukraine, die geeignet sind Ziele im Zentrum Moskaus zu erreichen, eine ungeheure Gefahr ausgehe, einen dritten Weltkrieg auszulösen, für den Deutschland mitverantwortlich wäre. Der Krieg in der Ukraine müsse – wie der Völkermord in Gaza – dringend gestoppt werden.

Als erste Hauptrednerin sprach die Autorin und Friedenaktivistin Christiane Reymann. Sie erklärte: „Diese Bundesregierung ist an der Eskalation des Konfliktes (…) beteiligt. Sie hat unser Vertrauen verwirkt.“

Das nahm Lühr Henken, Ko-Sprecher des Bundesausschusses Friedensratschlag, auf:

„(…) Aus Deutschland hat die Ukraine seitdem Waffenhilfe in Höhe von 9,4 Milliarden Euro erhalten und Versprechen auf weitere für 8,3 Milliarden. Aus dem anfänglichen Zauderer ist der Kriegstreiber Scholz geworden (…)

Geld für die massive Aufrüstung der Bundeswehr fließt (…) Es werden in diesem Jahr voraussichtlich 89 Milliarden werden. Das würde 2,1 Prozent des BIP bedeuten. Scholz verspricht, dieses Ausgabenniveau oberhalb der zwei Prozent zu halten, auch wenn der Topf mit den 100 Milliarden Sonderschulden spätestens ab 2028 leer ist. Zwei Prozent des BIP bedeutet dann, die zusätzlichen 30 bis 35 Milliarden für die Bundeswehr müssen bei den Sozialausgaben gekürzt werden(…). Pistorius machte vor einer Woche klar, dass die zwei Prozent nicht reichen könnten. Es könnten auch drei oder 3,5 Prozent werden, sagte er. Je nach Weltlage. Ich habe mal gerechnet. Das wären auf der Basis des BIPs dieses Jahres 125 beziehungsweise 150 Milliarden für die Bundeswehr. Hallelujah – und das alles aus dem Bundeshaushalt. (…)

Das verlangt der Bevölkerung sehr viel ab. (…) Nicht nur die Bundeswehr soll kriegstüchtig werden, sondern auch die Bevölkerung. Wie erreicht man das? Ganz einfach. Die Angst vor den Russen schüren. (…) Springers BILD titelte: „Pistorius warnt vor Putins Angriff: Wir haben ‚fünf bis acht Jahre‘ (…) das ist Stimmungsmache und ist geeignet, die Bevölkerung in eine Kriegshysterie hineinzutreiben. (…)

Verhandlungen schließt Selenskyj per Dekret aus und fordert Waffenlieferungen des Westens. Insbesondere von Deutschland Marschflugkörper Taurus. Diese Forderung fand im Antrag der CDU/CSU [im Bundestag, d. Red.] keine Mehrheit, aber der Antrag aus den Fraktionen der Ampel-Koalition öffnet dieser Option Tür und Tor. Auch wenn der Taurus-Lieferung nicht heute oder morgen zugestimmt wird, so stellt der Bundestagsbeschluss kein Nein für alle Zukunft dar.“

Der Kampf gegen den Krieg und den sozialen Krieg sind ein Kampf

In einem abschließenden Teil der Kundgebung sprachen eine in der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) und der AG Frieden der GEW Berlin aktive Kollegin, Barbara Majd-Amin, und ein in ver.di und im Gewerkschaftlichen Aktionsausschuss gegen prekäre Arbeit in Berlin aktiver Kollege, Volker Prasuhn. In ihrem gemeinsamen Auftritt führten sie u.a. aus:

Deutschland kriegstüchtig zu machen, das geht nicht ohne sozialen Kahlschlag. (…) Wir wollen nicht kriegstüchtig sein – und wir werden den Sozialkahlschlag nicht hinnehmen. Wir widersprechen dem Chef des Ifo-Instituts, der kürzlich meinte, Kanonen und Butter, das ginge nur im Schlaraffenland, und der sich für Kanonen aussprach. Was wir wählen, ist klar: wir wählen die Butter. Widerstand ist überfällig, Widerstand auch unserer Gewerkschaften! (…)

Das dicke Ende aber, das müssen wir wissen, kommt erst noch. Bis 2027 wird das sog. ‚Sondervermögen‘ ausreichen, um Jahr für Jahr die Militärausgaben wie in diesem Jahr aufzustocken. Wenn der Irrsinn der Rüstung danach weitergehen soll, wie der Kanzler stolz verkündet hat, dann würden Jahr für Jahr 25-30 Mrd. EURO im Bundeshaushalt fehlen. Woher wollen sie die dann nehmen? Und weiter: Ab 2031 müssen die Kriegskredite zurückgezahlt werden (…).

Man sagt uns: wir stünden vor einer simplen Wahl: ‚entweder Kürzung sozialer Leistungen oder Scheitern der Zeitenwende für die Bundeswehr‘.  So war es kürzlich zu lesen in einem führenden deutschen Militärmagazin.

Also lasst uns dafür sorgen, dass die Zeitenwende scheitert: mit Streiks für inflationssichere Tarifverträge, mit dem Kampf für mehr Personal in Schulen und Kitas, mit Demos für den Erhalt von Krankenhäusern und Jugendeinrichtungen und mit Protesten gegen die Ausgaben für Rüstung und die Streichung von Sozialleistungen. Das wird das Scheitern der Zeitenwende befördern.

Stopp der Waffenlieferungen an die Ukraine – und auch an Israel

Auf der Kundgebung standen in Zentrum die Forderung nach sofortigem Waffenstillstand, Friedensverhandlungen, Stopp der Waffenlieferungen und Manöver, Abrüstung statt Aufrüstung. Aber auch der Widerstand gegen den Krieg Israels gegen die Palästinenser in Gaza fand seinen Ausdruck – in den Reden und auf Plakaten von Teilnehmern wie „Frieden mit Russland – Freiheit für Palästina“. Im Aufruf zur Kundgebung hieß es: „im Krieg Israels gegen Gaza macht die [deutsche] Regierung sich durch ihre Unterstützung der Netanjahu-Regierung schuldig, die dabei ist, einen Völkermord am palästinensischen Volk zu verüben.“

Unübersehbar war das Transparent von Aktivisten, die mit der Zeitschrift Soziale Politik & Demokratie und dem Europäischen Verbindungskomitee (EVK) verbunden sind. Darauf war zu unter anderem zu lesen: „Sofort Rückzug der Truppen Israels aus Gaza! Sofort Stopp des Genozid-Krieges in Gaza! Stopp der Waffenlieferungen an Israel!

Korrespondent