Rede von Jonas Winkler (Jugend gegen Krieg und Sozialabbau, Leipzig) auf der Europäischen Konferenz am 2. November 2024

Ich studiere Geschichte an der Universität in Leipzig.

Vor vier Tagen hatten wir eine Vollversammlung an der Universität. Mehr als 1.000 Studierende nahmen teil.

Der StudierendenRat und weitere Einlader erzählten den Anwesenden, dass die AfD ihre Bafög-Sätze kürzen wolle und sie dem vermeintlichen Rechtsruck der Bevölkerung entgegenhalten müssten.

Doch die Studierenden erklärten ihnen, dass die Regierung schon Anfang des Jahres im Haushalt zur Kriegsfinanzierung das Bafög, also den Studierendenkredit, massiv beschnitten hatte.

Nur jeder 10. Studierende erhält diesen Kredit. Und er reicht nicht einmal zum Leben. Mehr als 35% der Studierenden leben in Armut. Bei den Auszubildenden sind es auch 18%, weil deren Ausbildungsvergütung ebenfalls unter jeder Mindestgrenze von Einkommen liegt.

Das hat die Regierung Scholz mit ihrer Kriegsvorbereitung zu verantworten. Dazu braucht es keine AfD.

Aus der Mitte der Versammlung kamen die Forderungen, die die Studierenden mit großer Mehrheit beschlossen:

– ein elternunabhängiges Grundeinkommen, das zum Leben reicht,

– tarifgeschützter Lohn für studentische und wissenschaftliche Arbeit und Lehre

– keine Wehrpflicht und kein Zivildienst,

– keine Forschung zu militärischen Zwecken

– keine Repressionen gegen politische Aktionen gegen den Genozid in Palästina, fallen lassen der Strafanträge durch das Rektorat.

Dass diese Forderungen der Studierenden aus der Menge mit großer Mehrheit verabschiedet wurden, war so von den Veranstaltern nicht geplant.

Doch die Studierenden erleben hautnah eine Wirklichkeit, in der demokratische und soziale Zerstörung für Kriegsvorbereitung durch die Regierung an der Tagesordnung ist:

Studierende mussten z.B. in Münster zum Semesterbeginn in Turnhallen schlafen, weil sie keine bezahlbare Wohnung fanden.

Marode Schulen, Stundenausfall und Lehrermangel haben Studierende als SchülerInnen erlebt. An der Universität erleben sie nun die Fortsetzung der Zerstörung von Bildung.

Studierende werden als Billiglohnkräfte in prekären Arbeitsverhältnissen ausgebeutet und konkurrieren damit mit großen Teilen der Arbeiterschaft, weil sich der Niedriglohnsektor seit der Einführung des Mindestlohnes immer stärker ausbreitet. 

Und Studierende werden heute auch von politischer Repression bedroht, besonders, wenn sie sich gegen den Genozid in Gaza gegen Netanjahus zionistische Regierungspolitik in Israel und der Region einsetzen.

Mit der Bodeninvasion Netanjahus im Gazastreifen und der Ausweitung des Massakers am palästinensischen Volk, gab es auch in Leipzig [gab es] massive Proteste der Studierenden gegen die Massaker. Die friedliche Besetzung eines Hörsaals wurde mit Polizeigewalt geräumt. Die Studierenden erhielten Strafanzeigen. Das Protestcamp neben dem Hauptcampus der Universität wurde ebenfalls durch Polizei verlegt.

Im Mäntelchen der Staatsräson wird jeder Protest gegen den Genozid am palästinensischen Volk massiv unterdrückt, denn die Protestierenden klagen auch die Regierung Scholz an. Durch ihre Waffenlieferungen macht sie sich mitschuldig am Genozid. Die Anklage trifft sie zu Recht!

Die Unabhängigkeit und Autonomie der Universität wird untergraben, indem das Rektorat zum Transmissionsriemen der Regierungspolitik wird und die Staatsräson konkret durchsetzt: Palästina-solidarischen Aktionen und Diskussionen werden Räume verwehrt, der Protest wird durch Polizei bekämpft.

Doch damit nicht genug: eine Zivilklausel, also eine Selbstverpflichtung der Universitäten nur für zivile Zwecke zu forschen und jegliche militärische Forschung auszuschließen, will sich die Universität Leipzig nicht geben.

Die Studierenden und die anwesenden Beschäftigten der Uni bei der  Vollversammlung bestätigten diese Forderung mit großer Mehrheit. Das ist ein deutlicher Ausdruck für ein NEIN zum Krieg und NEIN zur Kriegsvorbereitung, die über die Forschung genauso läuft wie über die Kürzung von Mitteln für Bildung, Gesundheit und Lebensunterhalt, wie über die Einführung des Wehr- und Zivildienstes.

Die CSU-Regierung des Bundesstaates Bayern ging sogar noch einen Schritt weiter und verpflichtete die Hochschulen zur militärischen Zusammenarbeit. In Bayern werden Offiziere an Schulen zur Rekrutenwerbung eingesetzt. Allein letztes Jahr waren bundesweit 10,4% der Neu-Rekruten minderjährig, in Bayern sogar mehr als 13%.

Jetzt will Kriegsminister Pistorius in ganz Deutschland die Wehrpflicht wiedereinführen. Und ganz nebenbei auch die Zwangsarbeit über den Zivildienst.

Wir Jugendlichen sollen als Kanonenfutter sterben oder als Zwangsdienstler billig öffentliche Leistungen erbringen.

Die Wiedereinführung von Wehrpflicht und Zivildienst ist ganz direktes Indiz für Kriegsvorbereitung.

Doch überall verweigern Jugendliche in immer größer werdender Zahl die Vereinnahmung ihres Lebens für die kriegerischen Ziele der Regierungen.

Tausende junge Russen und Ukrainer fliehen vor der Front, weil sie nicht als Kanonenfutter sterben wollen, für keinen der Oligarchen. Sie verdienen unsere Hochachtung und Solidarität. So auch die Jugendlichen in Israel, die den Kriegsdienst verweigern und unter Kriegsrecht sanktioniert werden.

Auf der Friedenskundgebung von 42.000 in Berlin am 3. Oktober 2024 hieß es: „Die Waffen nieder“ und wurde der bedingungslose Waffenstillstand gefordert. Der Vertreter der IG-Metall Jugend brachte es auf den Punkt: Wir schießen nicht aufeinander!

In Leipzig hat sich ein Aktionskreis Jugend gegen Krieg und Sozialabbau gegründet. Eine revolutionäre Jugendzeitung soll entstehen – weil wir die unabhängige Organisierung brauchen.

Gemeinsam mit Jugendlichen aus Serbien schlagen wir eine Kampagne gegen die Wehrpflicht und den Zivildienst vor – jedes Land muss seine spezifische Situation dabei einbringen. Und trotzdem steht ein gemeinsames Ziel dahinter:

Wir wollen leben und nicht als Kanonenfutter sterben. Wir wollen in keinem Land der Erde missbraucht werden als Kindersoldaten, oder als mordende Beauftragte im Massaker in Gaza, oder sterben im Stellungskrieg für ukrainisches Land, was schon längst internationalen Finanzfonds gehört.

Wir wollen Zukunft jetzt – Schluss mit den Kriegen und Massakern!

Schluss mit der Regierung Scholz, die den Krieg vorbereitet und Staatsräson predigt, um das Massaker am palästinensischen Volk zu decken!

Schluss damit!

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